Finnskogleden - Retrospektive


Ich denke oft und gerne an meine Wanderung durch den Finnskogleden.

Es fiel mir schwer, nach der Rückkehr, darüber zu schreiben. Es waren so viele Eindrücke, so viele Erfahrungen, dass sie schwer zu sortieren und auszuformulieren waren.
Daher, unsortiert, möchte ich hier mein Fazit über den Finnskogleden schreiben:

Zuerst einmal, der Finnskogleden ist leicht zu erreichen.
Durch die Nähe zu Oslo, das eine gute Verkehrs- und Anreiseverbindung zeigt, und dadurch dass von Oslo zum Startpunkt eine Hauptverkehrsader zur schwedischen Grenze liegt, die mehrmals täglich per Bus / Bahn befahren wird.
Auch die Abreise ist nicht schwer, denn in unmittelbarer Nähe des Endpunkts (Söre Osen) fährt täglich ein Bus direkt nach Oslo.

Ich habe in den 12 Tagen (im Juni) auf dem Trail nicht einen einzigen Menschen gesehen, nicht mal Fußspuren.

Der Finnskogleden ist kein leichter Trail. Zum einen weil der Trail noch sehr jung ist. Es gibt nicht viele "Abtritt-Wunden" auf dem Boden. Wenn nicht regelmäßig Wanderer den Weg betreten, wächst er schnell wieder zu. Nur etwa 30% des Trails waren deutlich sichtbar. Die Betreuer geben sich zwar große Mühe die Markierung instandzusetzen, aber dadurch dass der Trail oft sehr weit "weg" ist und fernab von Zivilisation verläuft, ist es schwer, Material dorthin zu bringen. Die Markierungspfähle fallen im feuchten Boden um, die Bretter und Äste zum Durchqueren von Bächen und Sumpfgebieten verschwinden, überwachsen oder durchgemodert und oft muss der Wanderer sich seinen eigenen (nassen) Weg suchen. Umgestürzte Bäume waren häufig.

Da die Markierung nicht überall deutlich war, und der Trail meistens nur sehr schwer zu erkennen ist, habe ich mich 3 mal verlaufen. Karte und Kompass helfen hier. Besonders wenn der Trail Strassen und Dörfer kreuzt ist es schwer den richtigen Weg wiederzufinden. Im Wald selbst ist der Trail oft der einzige Pfad weit und breit und so leicht zu folgen (wenn man ihn nicht mit einem Wildwechselpfad verwechselt hat - die sind genauso deutlich)

Zweitens ist das Gelände sehr schwierig. Die meiste Zeit musste ich mich durch brusthohe Vegetation und Felsbrocken schlagen. Dadurch dass der Trail so selten begangen wird, ist auch der Untergrund stark unregelmäßig. Flacher, ebener Boden ist fast nicht-existent, man ist froh bei einer Pause oder wenn etwas aus dem Rucksack gepackt werden muss, überhaupt festen und trockenen Halt unter den Füßen zu haben. Eine freie, ebene und trockene Fläche für das Zelt oder einfach nur einen Rastplatz zu finden, war schwer. Wenn man hin und wieder aus dem Dickicht auftaucht und der Trail einen Waldweg kreuzt, war das immer ein Highlight: endlich eine flache Stelle, und dort scheint auch noch die Sonne! Sofort gleich hier Pause machen: Pad auslegen, Schuhe und Socken ausziehen, und hinlegen und ausruhen.
Steigungen waren sehr häufig. Insgesamt verläuft der Finnskogleden zwar nicht durch Berge, denn es sind eher Hügel. Im letzten Drittel sind die höchsten Hügel bei ca 700m ü. NN. Aber die Richtung des Trails ist halt nach Norden, also geht es rauf und wieder runter. An einem Tag 3 von den Hügeln, immer runter auf etwa 200m und wieder rauf auf 600-700, ist Standard.

Wasser findet man oft (mehrmals täglich). Allerdings ist es rot-bräunlich. Humin und Eisenoxyde färben es stark. Es ist durchaus trinkbar, auch wenn es immer leicht erdig schmeckt. In 3 der Dörfer/Höfe an denen der Trail vorbeikommt, waren Brunnen zu finden. Das Wasser darin ist wunderbar - eiskalt und glasklar. Es war auch das einzige Wasser das ich nicht gefiltert habe, auch wenn bei den Bächen der Einsatz von Filter wohl nicht unbedingt nötig ist.
Mit Essen sieht es schwieriger aus. an 3 Stellen ist ein Resupply möglich: der erste nach 4-5 Tagen, gut ausgestatteter schwedischer Supermarkt, der einzige im Umkreis von 100 Kilometern. Hier gab es neben Lebensmitteln auch Schnur, Kleber, Pflaster, Alu-Folie und Tüten (aber keine Gaskartuschen).
Weitere 4-5 Tage braucht man nach Medskogen, wo es theoretisch möglich ist, mit dem Bus den nächstgrößeren Ort in Schweden zu erreichen, um dort einzukaufen. Ich habe diesen Resupply nicht verwendet, da ich noch genug mithatte. Und ganz am Ende in Söre Osen gibt es eine Tankstelle mit Supermarkt - wieder die einzige im Umkreis von 100 km. Kaffee gibt es dort umsonst, der Rest ist wahnsinnig teuer (was nach 240 Kilometern ziemlich egal ist).

Ende Mai ist der Boden wegen der Schneeschmelze noch sehr aquatisch. Die hübschen Moospolster schwimmen eigentlich nur. Ab Mitte Juni wird es besser. Der Trail verläuft zu 80% im tiefen, skandinavischen Wald. Allerdings bietet sich dieser Naturwald in so zahlreichen Facetten, Stimmungen und Gerüchen, dass es nicht langweilig wird. Durch das stete auf und ab über die Berge/Hügel hat man auch immer wieder mal eine atemberaubend schöne Aussicht: von Horizont bis Horizont Wald in Wellen plus Himmel ohne Ende.

Ohne Zelt ist der Finnskogleden nicht leicht zu begehen. Es gibt zwar Hütten, die meisten davon gratis und in gutem Zustand, aber sie sind nicht regelmäßig verteilt. Trifft man zufällig am Abend auf eine Hütte, super. Doch meistens zeiht man an ihr vorbei weil es noch zu früh am Tag ist um schon aufzuhören. Hierfür eignet sich das Zelt am Besten, denn in Schweden und Norwegen darf man überall zelten, solange es nicht in der Nähe / Sichtweite von bewohnten Häusern ist. Ich habe 4 mal in einer Hütte übernachtet, der Rest im Zelt.

Mücken sind bekanntermaßen ein Problem. Stellenweise sind sie in großen Wolken vertreten und sehr lästig. Aber schlimmer noch sind die Gnitzen oder "Knott", wie die Schweden sie nennen. Es sind winzige Fliegen, die an Stirn und Ohren, gerne am Haaransatz stechen. Besonders am späten Nachmittag/Abend sind die Viecher extrem lästig und hierfür ist ein guter (feinmaschiger) Moskitoschutz wertvoll. Man darf aber nicht vergessen, dass der Wald, durch den sich der Finnskogleden schlängelt, ein natürlicher "Urwald" ist. Außer den Mücken, die man kennt, gibt es Dutzende weiterer Insekten. Wespen und Hornissen sind auf einer Wanderung ernstzunehmende Gefahren. Unzählige kleine bis große Bremsen, die in hoher Geschwindigkeit um einen kreisen können auch schmerzhafte Bisse verursachen. Sehr häufig muss man sich durch Spinnweben durchbewegen. Mütze, Moskitonetz und DEET helfen!

In ca. 12 Tagen zu schaffen, bietet der Finnskogleden ein intensives, wunderbares Wandererlebnis. Und ich war da! :)




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