Tag 8 - im Sumpf versunken und abgebrochen - 27 km

 Bin ein paar Mal aufgewacht in der Nacht, so richtig durchschlafen hab ich sowieso die Nächte im Zelt nicht geschafft. Die Isomatte ist halt dünn, und zum Aufstehen ist es außerhalb des Schlafsacks zu kalt. Gegen 7 habe ich es dann gewagt, mich schnell umgezogen und mir einen Kaffee gekocht.

Zehn vor 8 bin ich los gelaufen. Sofort verdichtete sich der trail und ich musste mich auf den ersten Berg durch nasses Grünzeug kämpfen. Oben angekommen verschwand der trail vollends. Per GPS bin ich den Berg heruntergeklettert, durch dichten Wald. Der Boden bestand wieder nur aus Felsen, tote Äste, Löcher. Puh. 





Im Tal angekommen, schlage ich mich mühsam durch einen zugewachsenen Wald und muss alle paar Minuten durch Schlammlöcher. An einer dieser großen Pfützen, überwachsen mit Schachtelhalme, wate ich durch das Schwarze Wasser als das eine beim plötzlich bis zum Knie Weg ist. Ich Krieg es nicht mehr raus, der Schlamm hält meinen Schuh. Mit dem anderen Bein mache ich einen Schritt und versinken bis zum Schenkel. Mit Gewalt ziehe ich mich frei. Wieder puh! 





Und dann durch den Sumpf, der trail ist nicht-existent,  es gibt keinen Fußweg, keine Planken, nur vereinzelt uralte Markierungen und den Pfad auf meinem GPS. Also durch da, über wabernde,  schwimmende Moospolster. Und irgendwo mittendrin ist da ne Wasserfläche, mein Stock versinkt, ich suche eine schmale Stelle und Springe, Lande mit dem halben Körper bis zum Bauch im Wasser, der Boden gibt nach, ist weich, auf den Knien krieche ich an den Moospolstern hoch und komme wieder raus. Hallo? Geht's noch?? Mitten in der Wildnis, versinke ich im Sumpf. Und der war noch klein. In ca 35 km soll ein Sumpfbereich von 8 km Breite sein...

Und es geht so weiter, der Wald dicht, der Boden zerstückelt und voller Waldgeröll: alte Stumpfe, tote Äste, eine Vielzahl von umgekippten Bäumen, Felsen, Hüfthöhe Vegetation. Es gibt Markierungen, aber nur manchmal, oft uralt und vor allem ungenau. Mehr als einmal folge ich den Markierungen um auf dem GPS festzustellen das ich 800 m vom trail angekommen bin und schlage mich durch den Busch um wieder "on track" zu sein. Das schlimmste ist: es gibt keinen Fusspfad, seit Wochen ist hier niemand gelaufen. Es gibt kein Platz wo ich meinen Fuß setzen soll. Das ist kein hiking mehr das ist Cross-country, da hätte ich gleich eine Fluglinie ziehen können. 




Und es gibt kaum Highlights. Ich meine der Wald ist schön und es ist schon toll so tief darin zu sein, aber ich sehe kaum was. In der Ferne ein See? Ich komme nicht Mal in die Nähe, so verwachsen und überwuchert ist alles. 

Tja und das ist seit Tagen so. Mega-anstengend und ich komme kaum vorwärts bei der ganzen Energie die ich verbrauche. Ich meine ich bin 8 bis 9 Stunden unterwegs, brauche aber oft für 1,5 km eine Stunde. Das bringt so keinen Spaß. 

Schlimm ist sich dass durch das ständige Wasser im Schuh und dem unebenem Gelände meine Insoles aufgequollen sind ihre Stabilität verloren haben uns beginnen fallen zu schlagen. Auf diesem fallen zu laufen tut weh und die Dämpfung ist hinüber.

Bereits erschöpft erreichen ich um 12 das kleine verlassene Dorf Lillskogen. Hübsch und lädt zu einer Pause ein. 13 km bin ich gelaufen, in vier Stunden.
 Mit diesem Ort endet auch der sogenannte Hälsingeleden. Hier zeigt ein neuer trail ab, der Lillskogleden.
Schon  in den ersten paar hundert Metern verschwindet der trail im Dickicht. Zugewachsen, keine Markierungen, kein Fusspfad. Anhand des GPS drücke ich mich durch die Tannen in Richtung Feldweg. Dann entscheide ich statt dem trail den Feldweg zu laufen, 9 km trifft er den trail wieder. 




Endlich kann ich Mal nach links und rechts gucken, ohne gleich in ein Loch zu treten, endlich sehr ich Mal die Landschaft. Und mit so einer Straßen-Wanderung hat auch der Geist wieder freie Bahn. 

Denn hiermit war die erste Entscheidung mit Tragweite gefallen: lieber auf der Straße laufen als auf meinem geliebten trail!! Ich wollte nicht weiter durch unwegsames Gelände querfeldein. Ich wollte nicht wieder durch die Tümpel oder durch das nächste Sumpfgebiet, weil es gar kein trail gibt. 

Der Feldweg traf irgendwann auf eine größere Straße und unbewusst aber zweifellos bin ich auf die größere Straße abgebogen, obwohl das die falsche Richtung war. Weitere 14 km bin ich auf der Straße gelaufen bis mich endlich jemand mitnahm: eine alte Thailänderin, die in der Gegend Beeren sammeln war. Ich fuhr zur nächsten Bushaltestelle, 5 min später kam der Bus und gegen 17:30 Stand ich plötzlich in der Stadt Ljusdal.

Solche Bushaltestellen hätte ich in Hamburg auch gerne:


Unterdessen könnte ich im Hotelzimmer und während eines ausgiebigem Spaziergangs nachdenken. Es ist nicht die schönste Entscheidung gewesen,  aber definitiv die richtige. Der trail den ich mir gelegt habe, ist zu verwittert, zu alt und ungepflegt. Wegen dem fehlenden Fusspfad kann ich nicht laufen, wie ich es gerne möchte. Meine Beine haben Kraft aber ich komme nicht vorwärts. Wegen der fehlenden Markierungen und der nicht vorhandenen Instandsetzung (=Planken in Sumpfgebiet) ist es auch schlichtweg gefährlich. Schade eigentlich aber Cross-country/survival ist nicht meine Leidenschaft.

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